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    Bayerisches Brauchtum in der Ammersee-Region
    Bald mehr nackerte Hintern bei "Viva Colonia" statt zünftig-bayerische Tracht und Blasmusi?

    Oktoberfest - Prinz Luitpold von Bayern befürchtet:

    Die Wiesn wird zum Zerrbild "Disney-Bayern". Bayerische Tradition und Brauchtum geraten in Gefahr.

    Das erste Oktoberfest fand 1810 in München statt. Seither wandelt es sich mit dem Zeitgeschmack. Geht hier ein Stück erhaltenwerter bayerischer Tradition verloren?

    Wir haben die Wiesn 2011 besucht und erinnern uns: So war das Oktoberfest 1979. Folgen Sie uns beim Wiesnbummel und gehen Sie mit uns ins Bierzelt:

    Unter bayerisch blauem Himmel bei Sonnenschein schlendern wir durch die Gassen auf der Theresienwiese. Die staunenden Kinder halten wir fest an der Hand. In der Nase prickeln die Gerüche von allerhand Köstlichkeiten - hier die zarten Aromen gebrannter Mandeln, dort kräftig-brutzelnd die Würstl vom Rost, mit Kümmel-Note das Sauerkraut, pikant-unbekannte exotische Aromen, Gewürze, Anis und Minze, Kräuterbonbons und essig-saure Fischsemmel. Geschnupperte Wiesn-Düfte.

    Fahrgeschäfte, Kinder- und Kettenkarussel wecken liebe Erinnerungen an Schützenfeste und Jahrmärkte früher Kindheit - jetzt tun sich neue Abenteuer auf: Atemberaubend die Geschwindigkeit und Kurven der Achterbahn, gigantisch die Höhe des Riesenrads. Wir gehen weiter. Überall Kinderlachen, helle Juchzer und kleine Schreckensschreie, aufgeregtes Kichern, vielstimmige Worte und Töne von Ausgelassenheit und Fröhlichkeit, Blasmusik aus den Festzelten. ... die ganz besondere Wiesn-Atmosphäre. So klingt Oktoberfest.

    Jetzt haben wir Hunger und Durst - Lust auf den krönenden Abschluss des Wiesn-Ausflugs. Jedes Jahr wieder: geselliges "Beinandsein" im Festzelt.

    Bierzelt-Besuch 1979

    Die bayerische Kapelle spielt. Da gehn ma nei. Mal schaugn, ob wir Platz finden. "Fremdeln" gilt net beim Bierzeltbesuch. Wir haben Glück, erspähen einen Tisch mit lockerer 6-Mann-Besetzung. Höflich fragen wir per Zeichensprache an - kein Problem, man rutscht z'sam. Seite an Seite auf der schmalen Bank. Ein Proberutschen nach links, rechts... Da, hinter dem eigenen Hintern, auf der nächsten Bank, sitzt auch einer. So, jetzt passt's. Jeder hat Platz.

    Heftig schwitzend und trotzdem gut gelaunt lachend stemmt die Kellnerin in beiden Armen die schäumenden Maßkrüge heran - einen davon ergattere ich. Beim nächsten "Prost" wird die Bekanntschaft mit Tisch-Nachbarn zur Linken, Rechten, diagonal über den Tisch und zum Hintermann vertieft. Wir stoßen an. Die Bierzelt-Nachbarn in Tuchfühlung sind Freunde geworden für einen Wiesn-Abend. Gemeinsam schunkeln wir, singen bei den "Bayern-Hits" der Kapelle lauthals mit. Beim "Oans, zwoa, gsuffa" heben wir wieder den Krug und stoßen an.

    Die Kapelle macht Pause. Nun ratschen und lachen wir zusammen mit allen Tischnachbarn. Die Kellnerin in ihrem bayerischen Dirndl bringt unser appetitlich duftendes Hendl und die resche Brezn. Die Zigarre danach verkauft das Zigaretten-Fräulein und lächelt bezaubernd zum Trinkgeld.

    Jetzt haben sich die Musiker wieder gestärkt. Auf geht's zur nächsten Runde. Lachen, singen und schunkeln, bis der Krug geleert ist. Dann fahrn ma hoam.

    Schön war's heuer wieder, das Oktoberfest. Fröhlich, aufregend, gesellig, gemütlich, ein wenig prickelnde Flirt-Stimmung in der Luft - halt bayerisch zünftig ging's zua!

    Nächstes Jahr gehn ma wieder hin!

    Bierzeltbesuch auf dem Oktoberfest 2011

    30 Jahre später - viel hat sich getan! Schneller, weiter, höher - das gilt auch für die Fahrgeschäfte. Lauter, bunter, internationaler - das sehen und hören wir. Aufregend ist's, das Oktoberfest. Die Kinder staunen mit weit offenen Augen...

    Nach dem Wiesen-Bummel haben wir Hunger und Durst, wollen bei Blasmusik fröhlich sein, Prosit sagen, unsere Wiesnmaß trinken und gemütlich ein knuspriges Hendl essen. Auf geht's ins Festzelt!

    Die bayerisch gewandete Kapelle beendet gerade ihre Pause. "Mambo No. 5" erschallt.

    Durch Menschenmengen schieben wir uns vorwärts. Gibt's noch an Platz? Da - eine leere Bank. Doch was ist los? Keine Krüge auf dem Tisch, dafür stampfende Füße? "Viva Colonia" wird jetzt zur Musik gebrüllt. Unser Blick springt nach oben. Grell neon-grün und rosa illuminierte Kunst-Haare erzittern - der Gamsbart auf dem Seppl-Hut leuchtet zum Rhythmus der auf dem Tisch trampelnden Stiefel. Aus schwankenden Krügen ergießt sich Bier auf Köpfe und Schultern sitzender Tischnachbarn.

    Die schauen verwirrt. Und jetzt liegt plötzlich Streit in der Luft. Von der Schänke schieben sich breitschultrige Ordner heran... Lieber weg hier. Auf der Flucht geraten wir in eine dichte Menschenschlange - böse Blicke. Vordrängen gilt nicht! Wo wollen die nur alle hin? Ach so - da geht's zum Klo.

    Von links ein zustimmendes Pfeifkonzert, Gegröle. Was passiert da? Bringt die Kellnerin endlich a neue Maß für durstige Gäste? Nein, nicht der Biernachschub findet Applaus, sondern ein leuchtend nackerter Po, der Mühe hat, zwischen den voll besetzten Tischen und Bänken zu flitzen.

    Wir geben die Suche nach einem freien Platz auf. Sind enttäuscht. Irgendwie war das früher anders. G'mütlicher halt. Bayerisch. Geh'n ma lieber hoam.

    Begleitet von Samba-Rhythmen der bayerischen Blaskapelle erreichen wir glücklich den Zelt-Ausgang.

    Altbayerisches Bierzelt auf dem Oktoberfest

    Am 1.10.2004 ging Luitpold Prinz von Bayern mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit und protestierte gegen die Verfremdung der Münchner Wiesn, insbesondere in den Festzelten: "Die Bierzelte, ursprünglich Herzstück Münchner Tradition und Gastlichkeit, werden zunehmend zur Mischung aus Ballermann, Love-Parade und Rheinischem Karneval."

    "Viva Bavaria": Bayerische Tradition statt nackerter Hintern

    Der Prinz will in München ein Bürgerbegehren starten für ein neues altbayerisches Wiesn-Zelt mit familienfreundlicheren Preisen für Speisen und direkt auf dem Festplatz gebrautes Kaltenberger Bier bei original bayerischer Musik.

    In seiner Presseerklärung beklagt Prinz Luitpold, dass die Stadt München und das Fremdenverkehrsamt seine Brauerei und ein eigenes Festzelt am Oktoberfest nicht zulassen wollen, da eine Öffnung für neue Brauereien zu einem Preis-Dumping führen könnte.

    Dabei sind es die Vorfahren des Bayern-Prinzen, die 1810 das erste Oktoberfest mit den Münchnern feierten.

    Die Theresienwiese, liebevoll "Wiesn" genannt, verdankt ihren Namen Luitpolds Ur-Ur-Ur-Großmutter Therese. Zur Feier ihrer Hochzeit mit Prinz Ludwig I. fand 1810 auf der Wiese ein Pferderennen statt und ein Bierzelt wurde aufgestellt. Seither hat das Oktoberfest Tradition in München.

    Prinz Luitpolds Vorfahren, die Wittelsbacher, sind seit 1260 Bierbrauer und erließen 1516 das Reinheitsgebot für bayerisches Bier. Aber Prinz Luitpold und seine Brauerei haben ihren Sitz ca. 40 Kilometer westlich von München - und Schankgrenze ist Stadtgrenze, wenn's um die Brauereizulassung beim heutigen Oktoberfest geht.

    Wiesn-Wirte auf dem Oktoberfest

    14 Brauereien sind zurzeit auf dem Oktoberfest mit ihren Bierzelten zugelassen. Nur das Hofbäuhaus gehört dem Freistaat Bayern und Augustiner ist eine noch unabhängige Brauerei - an den anderen Brauereien haben die Konzerne Interbrew und Heineken Besitzrechte.

    Laut Oberbürgermeister Ude ist es gesetzlich nicht möglich, Brauereien aus dem Umland Münchens zuzulassen, ohne gleichzeitig damit alle Schranken zu öffnen - zum Beispiel für ein "Kölsch" Zelt auf der Wiesn.

    28.000 Stimmen für ein Bürgerbegehren

    Laut Prinz Luitpold könnte die Maß Bier 2005 für 1,50 Euro weniger ausgeschenkt werden. Dafür will er mit seiner mobilen Brauerei mit täglich 5.000 Hekotliter Kapazität sorgen. Falls diese Biermenge für ein eigenes kleines Zelt - ohne "Viva Colonia" und Tanz auf den Tischen nicht ausreichen sollte, würde er zusätzlich Münchner Bier ausschenken.

    Nachdem er seit 20 Jahren die Oktoberfest-Zulassung für sein Kaltenberger Bier erfolglos beantragt, soll nun ein Bürgerbegehren Prinz Luitpold Einlass zum Oktoberfest verschaffen. Was denken Sie darüber? Wird er die benötigten 28.000 Stimmen für ein Kaltenberger-Zelt erreichen?

    Sagen Sie uns Ihre Meinung!

    Informationen zum Oktoberfest...

    Foto: Festschrift - Paul Neu zur 100 jährigen Tradition des Oktoberfestes

    Fotos vom Oktoberfest:

    Oktoberfest-Fotos: Wiesneinzug der Brauereien und Festwirte...

    Wiesn-Bummel: Fotos vom Oktoberfest...

    Fotos vom Oktoberfest

    Das Oktoberfest ist vorbei!

    Freuen Sie sich auf

    das Oktoberfest im nächsten Jahr:

    Vielleicht mit einem altbayerischen Kaltenberger Zelt?

    Tipp: Kurzurlaub am Ammersee zum Oktoberfest. Zur Gastgeberliste...

    Katrin Leopold - Wirtin der Müllers Lust in Pähl in der Ammersee-Region

    Foto: Alfred Pell, "Müllers Lust" in Pähl

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